Vor der Kur


Der Chef des Hauses empfahl mir, dass ich drei Tage vor der Kur auf Kaffee und schwere Speisen verzichte. Zweiteres ist ja kein Problem. Aber wie ich es vorher schon schaffen soll, im Alltag auf Kaffee zu verzichten, machte mir seit Verkündigung dieser Empfehlung grosses Kopfzerbrechen und gleichzeitig führte es dazu, dass ich meinen geliebten Kaffee bewusster schätzte und mich noch mehr auf jeden Schluck freute. Ich wurde auch schon gefragt, warum ich nicht einfach koffeinfreien Kaffee trinke... Das hängt wohl mit der psychotropischen Wirkung zusammen. Eine Kollegin, die auch immer wieder Kaffee-Entzüge machte und wieder scheiterte meinte eben auch, dass sie Kaffee einfach glücklich mache. 

 

Merkwürdig ist aber, dass mir nach meinem letzten Entzug vor einem Jahr gar nicht mehr nach Kaffee war. Er kam mir bitter und heftig vor. Warum ich wieder angefangen habe? Nun ja, ich war ca. drei Monate abstinent und irgendwann war ich wegen etwas gefrustet und griff zum Espresso. Man kann sich vielleicht vorstellen, wie ein sensibel reagierender Mensch, der gerade den Körper gereinigt hat, auf so eine Wucht (Stärke 9 von 12) reagiert: Ich war wirklich voll aufgepuscht. Ein cooles Feeling.

 

Tja und dann kam es zur vermehrten Wiederholungstat, bis ich ihn wieder so liebte, dass er kaum mehr wegzudenken ist. 

 

Und jetzt weiss ich nicht, wie ich das und ob ich es machen werde: drei Tage vor der Kur keinen Kaffee. Ich habe über ausschleichenden Entzug und kalten Entzug gelesen. Ja, diesen Begriff gibt es tatsächlich auch für den Kaffee-Entzug. Ich gehöre wohl zu den kalten-Entzügern. Ich mache Dinge ganz oder gar nicht. 

 

Die letzte Kur vor einem Jahr machte ich das erste Mal authentisch in Sri Lanka für drei Wochen. Da hatte ich nicht nur Kaffee-Entzug, sondern auch Jetlag. Diese Kombination war sehr heftig. Dafür strahlte die Sonne im Januar und es war wonnig warm, mein Liegestuhl stand mit Blick zum Meer. Jedoch schlief ich immer gleich ein, sobald ich mich hinlegte und das tat ich in jeder freien Minute. Erst nach ca. vier Tagen war ich wieder klarer im Kopf. Nach dem sogenannten Cleaning-Day.

 

Dieses Jahr wollte ich mir die lange Reise mit inkludiertem Jetlag ersparen und habe eine nicht-ayurvedische Kur im Schwarzwald gebucht.

 01.02.2019

Während ich genüsslich meinen ersten Kaffee am Morgen trinke, überlege ich, worauf ich mich auf die 10 resp- 14-tägige Kur freue und worauf nicht: 

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Sauna, nicht waschen und kochen, keinen Wecker zu hören, eine neue Umgebung entdecken, lesen, Massagen, neue aufkommende Energie,

neue Ideen, Träumen, Natur, Ruhe

 

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Kein Kaffee, kein Marc, Müdigkeit, Schmerzen

 

02.02.2019

Heute in einer Woche geht es schon los, dann komme ich im Kurhaus an. 

Ich habe mir das mit dem Entzug nochmals durch den Kopf gehen lassen. Vielleicht sollte ich es dieses mal doch ausschleichend versuchen. Ich habe nämlich wirklich Angst vor dieser heftigen Reaktion. Wenn ich mich an die Empfehlung des Kurchefs halten möchte, hiesse das, dass ich ab Mittwoch KEINEN Kaffee mehr trinken darf... und jetzt bald mal mit dem Ausschleichen beginnen sollte. 

Ich denke manchmal an den Tag, wenn ich etwas hinter mich gebracht habe. Das beruhigt mich immer und zeigt mir auf, dass das Ereignis zu überstehen ist. 

Ich habe etwas Seltsames geräumt... Ich glaube, darauf kann ich mich auch gefasst machen; dieses intensive Träumen während der Detox-Kur... Ich nehme mein Traumbuch mit, wo ich die Träume notiere. Während der Kur habe ich bestimmt mehr Zeit als im Alltag, die Träume zu notieren. Mein Zeitplan ist morgens immer so eng, dass ich Glück habe. wenn ich nicht zum Bus rennen muss.

 

Ich träumte heute, dass wir (Marc, ein Freund von Marc und ich) in Frankreich in einem Freakladen (Spiele und Comichhefte) waren. Dort lagen von mir selbst gemachte Pralinen aus weisser und Vollmilchschokolade in einer kleinen Plastiktupperware. Der Freund von Marc mampfte einer nach der anderen und ich fragte ihn, warum er die denn so schnell essen würde? Eigentlich seien diese doch zum Geniessen da... Da guckte er mich an und mapmfte noch eine. Ich kramte ein kleineres Tupper hervor und Marc und ich legten dort ein paar hinein, damit ich auch noch welche meiner Mama mitbringen konnte. 

Als ich erwachte war ich verwirrt und dachte daran, dass es ja so ein Lexikon gibt, wo Traumsymbole aufgeführt sind. Wenn ein Traum sehr schräg ist oder manchmal einfach so zum Jux, gucke ich dort nach. In diesem Falle war es die Praline; ein kleiner Auszug der Detung :-):

 

Das Traumbild "Pralinen" wird häufig als positives Symbol verstanden. Es gilt als Ausdruck von Kraft, Gesundheit und Erholung nach einer längeren stressigen Zeit. Schwierigkeiten, Herausforderungen und Probleme rücken in der nächsten Zeit in den Hintergrund. Die Traumdeutung geht zudem davon aus, dass das Symbol "Pralinen" grosses Glück voraussagt. Die Dinge werden so verlaufen, wie der Schlafende es sich erhofft hatte. Das Verschenken von Pralinen ist nach allgemeiner Auffassung ein Zeichen für gute soziale Bindungen und tiefe Freundschaften. Der Träumende ist gut integriert und kann sich auf seine Mitmenschen verlassen.

Auf einer anderen Seite steht jedoch nur: Beste Übereinstimmung mit Geschäftspartnern.

Naja, wie ernst zu nehmen diese Deutungen sind, bleibt ein Fragezeichen.... ;-).

 

03.02.2019

Ich habe mich nun wirklich für die ausschleichende Variante entschieden. Gestern trank ich zwei Lupinen-Kaffees mit etwas Kaffee angereichert. Das kann man ja mit dem Bialetti-Kaffeekocher prima machen (Problem im Geschäft, da kann man nur ganze Kapseln "rauslassen"). Lupinenkaffee schmeckt mir wirklich sehr, es ist ein prima Kaffee-Ersatz (halt eben ohne weitere Wirkung ;-), falls es jemanden interessiert: https://www.zentrum-der-gesundheit.de/lupinenkaffee.html - Lupinenkaffee gibt es auch gemahlen, wie Kaffee, das ist super, denn die löslichen Kafis kommen nie an die gebrühten Kaffees heran). Dabei habe ich bei der Zubereitung wirklich mit Kaffee gespart.

Am Nachmittag waren wir unterwegs, auch noch in einem Kaffee, aber ich hatte kalt und viel mehr Lust auf einen Tee. Da Marc keinen Kaffee trinkt, ist das Ganze auch etwas einfacher, so komme ich weniger in Versuchung.

Gegen Abend fühlte ich mich dann plötzlich ungeheuerlich müde und leise Kopfschmerzen machten sich bemerkbar. Ich fragte mich, ob das nun wirklich schon ein Anzeichen des Verzichts war oder ob ich einfach zu wenig getrunken hatte. Wir hatten ja noch ein Abenteuer vor, diese Nacht, weshalb ich extra wenig trank. Einige wissen ja schon davon: Wir wollten abchecken, ob uns die Kirche in Berg SG Probleme beim Schlafen bereiten würden, wenn wir dort hinziehen würden/könnten. Wir haben es dann tatsächlich gemacht. Um 22.15 Uhr packten wir unsere Schlafsäcke und Kissen in den Caddy meiner Eltern und begaben uns auf einen Parkplatz, welcher die gleiche Distanz des geplanten Bauprojektes beträgt. Nun, ich war so unendlich müde, dass ich wirklich absolut keine Probleme hatte mit dem Schlafen. Ich wurde dann morgens um 3.30 Uhr von einer kalten Nase geweckt. Der Regen prasselte auf das Autodach und Marc bat, dass wir zurückkehren, weil er nicht schlafen konnte wegen des Regenlärms und der Kälte. Ich war überrascht, denn ich hatte weder kalt noch hörte ich den Regen. Natürlich fuhren wir zurück- Marc meinte, ihn habe die Kirchenglocke nicht gestört oder beim Schlafen gehindert, sondern wirklich dieser Regen und die Kälte. Er war überrascht, dass es bereits 3.30 Uhr war, er meinte, er habe gar nichts geschlafen. Also hat er doch etwas geschlafen und auch von der Glocke nichts mitgekriegt. Also das ist ja dann schon mal prima.

 

Heute Morgen spürte ich wieder Kopfschmerzen und nahm gleich eine Kopfschmerztablette ein und entschied mich, in dem Huddelwetter eine Runde zu joggen. Das hilft auch häufig gegen Kopfschmerzen: Bewegung und frische, kalte Luft. Als ich zu Hause ankam, ging es mir wirklich besser. Ich überlegte dann sogar, ganz auf Kaffee zu verzichten. Ja, ich bin bei Vorhaben immer gleich so ehrgeizig. Aber es ist Sonntag und man sollte ja nichts gleich überstürzen. Also machte ich nochmals das gleiche wie gestern, allerdings mit noch weniger Kaffee (ca. 3/4 Lupinenkaffee und 1/4 echten Kaffee). hmmmmm... Zwei Tassen heute Morgen sollen für heute wieder reichen!

04.02.2019

Ich liege halbe komatös auf dem Sofa und verschwinde nach diesem Eintrag ins Bett. Ich habe nicht mal mehr die Kraft aufgebracht, den Laptop zum Schreiben zu holen.. Ich war auch so froh, dass es von gestern noch Reste im Kühlschrank für den Znacht hatte. 

Ich verbrachte den heutigen Tag ohne Kaffee und er war abwechslungsreich: Mein Körper schwankte zwischen enorm müde und/oder Kopfschmerzen (Kopfschmerzmittel halfen irgendwie auch nicht mehr, ich hatte bereits die Tageshöchstdosis und ich möchte nicht noch einen Entzug von Schmerztabletten machen müssen), sodass ich dann doch etwas früher nach Hause ging. Sobald ich im Bus sass schlief ich ein. Jetzt is es erst 20 Uhr und es fühlt sich an wie 23 Uhr. Ich hoffe jeden Tag, dass der Entzug demnächst vorüber ist. Das einzig Positive: mir wurde noch nicht schlecht und meine Verdauung funktioniert noch einwandfrei. Also, vorwärts schauen :-) Gute Nacht!

05.02.2019

Ich schlief tief und fest und erwachte vor dem Wecker.

Befinden?

Ich fühlte mich gut und ich freute mich schon, dass die Kopfschmerzen und die Müdigkeit überstanden waren.

Das positive Gefühl hielt leider nicht so lange an. Am Vormittag spürte ich eine leichte Müdigkeit, nach dem Mittag musste ich mir fast Zündhölzli in die Augen stecken; zum Glück wurde ich dann bei der Arbeit in ein Gespräch verwickelt, was mich ablenkte. Jetzt sitze ich in der Cafeteria und spüre schon wieder leichte Kopfschmerzen :-( und höre Kaffeeautomaten rattern. Ich überlegte, einen koffeinfreien Kaffee zu trinken, doch das ist wegen der Säure auch nicht gut, wie ich zuvor darüber las. Naja, bald ist wieder Feierabend... Lange wird der Abend wohl auch nicht für mich.. 

 

06.02.2019

Ich glaube, das Gröbste ist überstanden. Gestern war ich abends wieder ultramüde, aber ich schaffte es grad so, bis 22 Uhr wach zu bleiben. Heute erscheinen ab und zu kleine Kopfbeschwerden, die sich aber wieder verziehen. Teilweise fühle ich mich sehr wach und dann schwallt wieder eine grosse Müdigkeit über mich her. Sehr seltsam, diese wellenartige Müdigkeitsanfälle. Am schlimmsten ist es um 14.00, da wünsche ich mir ein Bett herbei.

Ich war gestern wirklich noch nicht auf der Höhe. Ich hbe meinen Hausschlüssel an der Tür stecken lassen. Zum Glück war ich bei Marc und merkte es noch, so konnte ich den Nachbarn bitten, den Schlüssel abzuziehen.. 

Jetzt bin ich schon froh, habe ich den Entzug vor der Kur begonnen, die Entgiftung ist sonst schon anstrengend für den Körper... Heute Morgen im Zug und am Bahnhof in St. Gallen waren einige Leute mit einem Kaffeebecher. Einerseits dachte ich "oh wie schön die es haben, die können Kaffee trinken" und andererseits dachte ich, was die sich da für eine Droge reinleeren... aber ja, die Droge ist halt einfach so lecker... kann diese Leute also schon verstehen :-D und ich bezweifle, dass ich letzte Woche meinen letzten Kaffee in meinem Leben getrunken habe. Wir werden sehen :-)

 

07.02.2019

Heute Vormittag hatte ich noch ein bisschen Kopfschmerzen und ich war gereizt. Ich versuchte das natürlich professionell zu verbergen, respektive zeigte mich sehr beschäftigt. Nach dem Mittag war ich wieder so müde. Dagegen half ein zügiger Spaziergang an der frischen Luft mit meiner lieben Kollegin. Danach war ich wieder wach und konzentriert bis zum Feierabend. Ich stelle jedoch fest, dass ich so Lust auf säurehaltige Nahrungsmittel / Getränke habe. Da erhielt ich dann eine basische Energie-Flüssigkeit; vielleicht war ich deswegen auf einmal so fit am Nachmittag. Diese Energie fühlte sich ungewohnt an- vielleicht auch nur, weil ich die letzten Tage so unglaublich müde war ;o). Ich bin echt wieder erstaut, was dieses Coffein mit mir machte, respektive der Entzug. Es fühlt sich so an, als habe ich den überstanden! Juppi!